Auf dem Sprung...

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    • Auf dem Sprung...

      Kitah seufzte und kontrollierte zum gefühlt hundertsten Mal ihre Ausrüstung. Die Zeit zwischen dem Anlegen des Anzugs und dem Sprung schien immer eine kleine Ewigkeit zu sein. Vor allem weil es garantiert genau dann immer anfing irgendwo zu jucken.
      Kitah verdrängte den Gedanken, schloss das Visier ihres Helmes und aktivierte die Kommunikationseinheit. „Heavy Bones an Old Fart, bin so weit, wenn du es bist.“
      Über die Komm-Einheit war ein übertrieben abfälliges Schnauben zu hören. „Das nächste Mal lasse ich dich hundertmal ‚Das Callsign meines Piloten ist nicht Old Fart’ auf die Wand der Luftschleuse schreiben, während du wartest, Kindchen! Hast du alles beisammen? Das Pausenbrot dabei? Auch schön brav die Stiefel angezogen? Nicht dass du kalte Zehen kriegst!“
      Kitah kicherte. „Wenn du es sehen könntest, dann wüsstest du, dass ich dir gerade meine Zunge zeige!“
      „Ein anderes Mal, Kleines!“ kam es trocken zurück. „Mach dich bereit und stell den UV-Schutz hoch, du springst mal wieder gegen die Sonne!“
      Kitah atmete tief durch und umschloss mit den Händen die Haltegriffe neben dem Schott, während ein leises Zischen den Druckausgleich begleitete. Sie hatte den ganzen Ablauf schon öfter durchgemacht, aber es war nie zur Routine geworden. Kitah schloss die Augen und spürte wie ihr Herzschlag schneller wurde. Das einzige Geräusch, das sie jetzt noch hörte war ihr eigener Atem.
      Plötzlich wurde das kleine Schiff durchgeschüttelt, als wäre es von einer riesigen Faust getroffen worden und Kitah wurde hart gegen die Wand der Schleuse geworfen. Stöhnend rappelte sie sich wieder hoch.
      „Ich bin ja kein Fachmann für sanfte Atmosphärenanflüge, aber der scheint mir verbesserungswürdig!“
      Die Stimme des Piloten klang etwas gepresst. „Keine Sorge, ich arbeite daran! Nur ein paar kleine Schlaglöcher!“
      Wieder wurde Kitah heftig gegen die Wand geschleudert. „Ich hasse dich…“ ließ sie in ihrem sarkastischsten Ton verlauten.
      „Oh-oh…“
      Das war etwas was Kitah im Moment gar nicht hören wollte.
      „Lass mich raten, wir steuern gerade direkt auf einen Gassturm in der oberen Atmosphäre zu?“
      „Yepp!“
      „Und der Gassturm wird sich beim Durchfliegen entzünden?“
      „Höchstwahrscheinlich!“
      Kitah rappelte sich wieder hoch und schob trotzig den Unterkiefer vor. „Na dann los!“
      Das Schiff rumpelte durch die oberste Atmosphärenschicht, wie über ein Waschbrett, als das Licht über der Schleuse von rot auf grün wechselte. Das Druckschott sprang auf und Kitah stieß sich kräftig ab. Mit eng an den Körper gepressten Armen tauchte sie so schnell wie möglich nach unten. Von dem Geschehen hinter sich sah sie nur Lichtreflexe in ihrem Helmvisier, aber sie wusste auch so, was da gerade passierte.
      Das Gas, das sich in der obersten Schicht der Atmosphäre dieses Planeten sammelte wurde von den Triebwerken des kleinen Frachters entzündet. Wegen der geringen Menge an Sauerstoff und der hohen notwendigen Reaktionsenergie passierte das vergleichsweise langsam, aber immer noch schnell genug, um sie einzuholen.
      Kitah sah, wie bunte Flammen an ihren Schultern entlang züngelten und dann ihren Helm einhüllten, während die Anzeigen in ihrem Visier nacheinander von gelb auf rot wechselten. Dann war sie aus der Gasschicht heraus und die Flammen erloschen sofort.
      Kitah merkte erst jetzt, dass sie noch immer die Luft anhielt und atmete erst einmal tief durch. Sie bremste ihren Fall leicht und orientierte sich. Unter ihr erstreckte sich der Planet mit seiner Nachtseite, die in völliger Dunkelheit da lag. Weiter voraus lag ihr Zielgebiet im Dämmerlicht zwischen Tag und Nacht, während sie selbst noch von der halb von der Krümmung des Planeten verdeckten Sonne angestrahlt wurde.
      Als die Atmosphäre dichter wurde tauchte Kitah in den Planetenschatten ein und breitete vorsichtig Arme und Beine aus, um den Fall zu verlangsamen. Lautlos zählte sie ihre eingeblendete Geschwindigkeitsanzeige mit herunter, dann öffnete Kitah die Flugmembranen zwischen ihren Armen und Beinen.
      Wie die Flugechsen von Kashyyyk segelte sie jetzt auf ihr Ziel zu, während sie versuchte ihre genaue Landezone zu lokalisieren. Zufrieden stellte sie fest, dass sie nur ein wenig korrigieren musste, dann bremste sie schnell ab und öffnete ihren Fallschirm.
      Die Landung verlief glatt, bis auf einen einzelnen, bösartigen Busch, der mit voller Absicht in ihren Weg gewachsen war. Kitah sammelte eilig ihren Schirm ein und stolperte schnell in die Deckung des Waldes. Schnaufend ließ sie sich ins Unterholz fallen und suchte die Umgebung ab. Am Himmel waren immer wieder kleine Feuerstürme zu sehen und Kitah sah, dass ein Meteoritenschauer wohl der Auslöser für dieses großartige Schauspiel war. Zufrieden grinste sie, denn bei diesem Aufruhr in der Atmosphäre war sie sicher auch dem aufmerksamsten Beobachter entgangen und wenn die Geschichten, die sie überprüfen sollte wirklich wahr sein sollten, dann legte sie absolut keinen Wert darauf entdeckt zu werden.

      Wird (hoffentlich) fortgesetzt...